Der Landeselternausschuss bedankt sich bei Jonas Botta für die konstruktive und fruchtbare Zusammenarbeit. Wir wünschen weiterhin Erfolg bei seinen gesellschaftlichen Engagements.

Günter Peiritsch - Vorsitzender

 

Hier seine kritische Bilanz:

„Ein Jahr, es geht voran!“

Jonas Botta


Cybermobbing, fehlende Pädagogen, marode Schulgebäude und Cannabis als die „neue“ Droge an Berliner Schulen – um nur ein paar Themen zu nennen, die 2011 die Berliner Bildungslandschaft und den LandesschülerInnenausschuss beschäftigten. Abgesehen von wenigen tagesaktuellen Ereignissen eigentlich das Gleiche wie jedes Jahr. In der Schulpolitik ändert sich ja scheinbar sowieso reichlich wenig (zum Guten). Diesen Eindruck könnte man jedenfalls des Öfteren gewinnen, wenn man in den Bildungsteil der Berliner Presse schaut.

 

 

Aber was denken eigentlich die SchülerInnen über das letzte Jahr, welche Erwartungen haben sie von der Arbeit der neuen Bildungssenatorin Sandra Scheeres und welche Erfahrungen müssen ihre gewählten VertreterInnen in der Berliner SchülerInnenvertretung, dem LandesschülerInnenausschuss, in diesem Jahr machen? Dies fragt man sich nach dem Ende einer Amtszeit als SchülerInnensprechers Berlin. Da ich mir nur anmaßen kann für einen der über 300000 Berliner Schülerinnen und Schüler zu sprechen, nämlich für mich, will ich mich mit dieser Frage im folgenden Rückblick auf das Jahr 2011 aus meiner ganz persönlichen Sicht beschäftigen:


Genau ein Jahr ist es jetzt her, dass mich der Landesschülerausschuss zu seinem Vorsitzenden gewählt hat. Diese zwölf Monate gehören wohl zu den arbeitsaufwendigsten, aber auch zu den interessantesten meines bisherigen Lebens. Als SchülerInnenvertreter hat man immer das Problem, der öffentlichen Wahrnehmung, hat man sich aber einen gewissen Respekt erarbeitet hat, motiviert einen das umso mehr. Natürlich hätte ich dieses Jahr mit all seinen Herausforderungen nicht alleine meistern können. Ohne die vielen motivierten Schülerinnen und Schüler inner- und außerhalb des LandesschülerInnenausschusses hätten wir wohl kaum zwei Bildungsdemonstrationen mit mehr als 5000 Menschen im Juni und September organisieren können. So viele SchülerInnen in Berlin auf die Straße zu bekommen und sie sich mit der Schulproblematik auseinandergesetzt haben, empfinde ich als einen politischen Erfolg. Dies ist für mich persönlich Arbeit gegen Politikverdrossenheit. Mit Hilfe des Landeselternausschusses und der Gewerkschaft für Wissenschaft konnten wir in diesem Jahr viele Projekte verwirklichen. Dieses Jahr hat mich gelehrt, dass wir nur gemeinsam mit LehrerInnen, Eltern und SchülerInnen etwas bewegen können. Auch die Zusammenarbeit mit der Senatsverwaltung für Bildung verlief wesentlich besser, als es manch ein KritikerIn dieser Behörde vermuten würde. Denn ob Runde Tische zu den Themen Cybermobbing oder Berliner Schulverpflegung, immer war es den Verantwortlichen wichtig, auch uns beteiligt zu wissen.


Doch 2011 bestand natürlich nicht nur aus Erfolgen. Trotz der beiden Bildungsdemonstrationen im Vorfeld der Abgeordnetenhauswahlen nahm das Thema Bildung bei den Koalitionsverhandlungen nur eine Nebenrolle ein. Im Vorfeld der Wahl gegebene Zusagen von SPD und CDU, den Landesschülerausschuss mit seinem „Etat“ von 500€ im Jahr in Zukunft stärker zu unterstützen, scheinen vorerst vergessen zu sein. Dabei ist ein angemessener Etat absolut notwendig für eine LandesschülerInnenvertretung, wenn diese nicht nur in Sitzungsräumen ihre Zeit verbringen soll, sondern z.B. auch lokale SchülerInnenvertretungen mit Seminaren etc. unterstützen will. Hier muss die neue LandeschülerInnenvertretung sich engagieren. Unser Anliegen, gleich zu Beginn ihrer Amtszeit in einen konstruktiven Dialog mit Bildungssenatorin Scheeres und Staatssekretär Rackles zu treten, verläuft sich bis jetzt leider in den Behördenfluren. Noch nicht mal eine Empfangsbestätigung waren meine Briefe an beide Politiker diesen scheinbar wert. Wir hoffen trotzdem immer noch auf mehr Möglichkeiten, die Interessen der SchülerInnen Berlins
gegenüber dem neuen Senat vertreten zu können. Schließlich brauchen wir ihre Unterstützung für ein weiteres existentielles Ziel des LandesschülerInnenausschuss: Mehr Demokratie und weniger Politikverdrossenheit.

 

Unser Gremium vertritt mit seinen 24 Mitgliedern über 300000 Berliner Individuen. Und noch gab es keine Sitzung auf der auch wirklich 24 stimmberechtigte Mitglieder anwesend waren. Dies liegt an der immensen zeitlichen Belastung vieler SchülerInnen, oder auch der mangelnden Transparenz. Einmal bedingt durch die verpatzte Schulzeitverkürzung namens G8 und andererseits durch den Berliner Gremiendschungel, dessen Resultat es ist, dass LandesschülerInnenvertreter diverse andere Ämter innehaben müssen, um sich auf Landesebene engagieren zu können. Viele sind deswegen gezwungen, ihre Beteiligung in einem oder mehreren der Gremien zu vernachlässigen. Teilweise ist es uns gelungen, diese Strukturen aufzubrechen, doch letztendlich muss hierfür das Schulgesetz geändert werden. Denn selbst wenn wir 24 anwesende Mitglieder mit Stimmrecht sind, ist dies meiner Meinung nach eine unzureichende Vertretung der Berliner SchülerInnen.

 

Mein Vorschlag ist es deswegen, dass jede Schule wie schon auf Bezirksebene auch auf Landesebene zwei VertreterInnen entsendet. So entsteht nicht nur weniger Ämterhäufung, es ist auch darüber hinaus eine wirkliche Repräsentanz und Beteiligung der Berliner SchülerInnenschaft gegeben. Ich hoffe in meinen letzten Monaten als Schüler, dieses Ziel mit vorbereiten zu können.


Die Berichterstattung über Bildungspolitik ist stetig von Pannen, Unzufriedenheit und gescheiterten Reformen geprägt, aber trotzdem bin ich auch nach vielen Jahren der SchülerInnenvertretung davon überzeugt, dass wir vorankommen. Mal langsamer, mal schneller.


Ich wünsche meinen NachfolgerInnen viel Erfolg und Durchhaltevermögen, ich bin zuversichtlich, dass auch im Jahr 2012 viel für die Berliner SchülerInnen erreicht werden kann.

 

Jonas Botta

Amtierender Vorsitzender des Landesschülerausschusses Berlin