Lehrermangel
Samstag, 8. Januar 2011 11:39 - Von Regina Köhler
An Berlins Schulen fehelen noch immer 400 Lehrer. Eltern wollen sich diesen Lehrermangel nun nicht mehr bieten lassen. Der Landeselternausschuss kündigt für Februar groß angelegte, berlinweite Proteste an.
Angesichts des Lehrermangels gehen die Berliner Eltern jetzt auf die Barrikaden. Sie wollen nicht länger hinnehmen, dass an vielen Schulen Lehrer fehlen, der Unterricht deshalb ausfallen oder durch Vertretungskräfte erteilt werden muss. Immer noch fehlen Berlin laut dem Gesamtpersonalrat bis zu 400 Lehrer.
Günter Peiritsch, Vorsitzender des Landeselternausschusses, hat deshalb für Februar groß angelegte, berlinweite Proteste angekündigt. „Wir fordern eine adäquate Ausstattung der Schulen mit gut ausgebildetem Personal“, sagte Peiritsch. Es könne nicht sein, dass regulärer Lehrerbedarf durch Vertretungskräfte abgedeckt werde, kritisierte er. Vertretungskräfte seien nur für den kurzfristigen Ersatz erkrankter Lehrer vorgesehen. Peiritsch: „Wir werden uns das nicht mehr gefallen lassen.“
Bislang sind die Eltern ruhig geblieben, obwohl bereits zu Beginn des Schuljahrs viele Lehrer fehlten. Besonders an Grundschulen und Gymnasien herrschten teilweise chaotische Zustände. Notstundenpläne, Unterrichtsausfall und übervolle Klassen waren die Folge.
Bildungssenator Jürgen Zöllner (SPD) hatte vor einigen Wochen angekündigt, dass er zum zweiten Schulhalbjahr 211 Lehrer unbefristet einstellen will. Diese Zahl sei aufgrund des Bedarfs an Lehrern ermittelt worden, der bis zum 1. November 2010 festgestellt worden sei, sagte Zöllner. Die Schulen seien damit zu 99,5 Prozent ausgestattet, heißt es in der Bildungsverwaltung.
Nach Angaben des Gesamtpersonalrats fehlen berlinweit jedoch rund 400 Lehrer. Jeden Monat meldeten sich demnach etwa 30 Lehrkräfte dauerkrank. Außerdem gingen monatlich zwischen 70 und 90 Pädagogen in den Ruhestand. So hat allein Tempelhof-Schöneberg nach Berechnungen des Personalrats einen Bedarf von mehr als 25 Pädagogen. Zugewiesen wurden dem Bezirk laut Frauenvertreterin Elke Gabriel aber nur neun Stellen. Auch in anderen Bezirken wie etwa in Friedrichshain-Kreuzberg, Neukölln oder Charlottenburg-Wilmersdorf fehlten deutlich mehr Lehrer, als die Bildungsverwaltung den Bezirken zugeteilt habe.
Viele Schulleiter fühlen sich kaum noch in der Lage, den Mangel zu verwalten. So beklagte etwa Klaus Schäfer, Schulleiter des Luise-Henriette-Gymnasiums in Tempelhof-Schöneberg, dass fehlende Lehrer dauerhaft durch Vertretungskräfte ersetzt würden. „Auf diese Weise werden Mängel verdeckt“, sagte er. An seiner Schule würden sowohl Latein als auch Informatik seit mehr als vier Jahren von Vertretungslehrern unterrichtet werden. Zum Halbjahr werde an der Luise-Henriette-Schule eine weitere Lehrkraft fehlen, weil ein Referendar eine Stelle in Brandenburg vorgezogen habe, wo er, anders als in Berlin, verbeamtet werde.
Uta Schröder von der Vereinigung der Berliner Schulleiter begrüßte es sehr, dass sich die Eltern den Lehrermangel nicht mehr bieten lassen wollen. Die Schulleiter würden seit Langem eine bessere Personalausstattung fordern, sagte sie. „Wir brauchen dringend Unterstützung“, so Schröder weiter.
Erschienen am 08.01.2011
http://www.morgenpost.de/berlin/article1504157/Schulchaos-Eltern-drohen-mit-Massenprotesten.html